In diesem Artikel stelle ich Dir meine Erfahrungen über die Auswirkungen des eigenen Selbstbildes in der Ernährung vor.
An Beispielen zeige ich Dir, wie ein Selbstbild entsteht, was das Fremdbild der anderen über Dich damit zu tun hat und wie Du Dein eigenes Selbstbild schrittweise erkennen und ändern kannst (sofern Du es überhaupt ändern möchtest).
Zwar beziehe ich mir auf die Ernährung, doch Dein Selbstbild hat auch auf andere Lebensbereiche einen ähnlichen Einfluss wie auf die Ernährung.
Was ist ein Selbstbild?
Das Wort Selbstbild ist ein Bild, das ein Mensch von sich selbst hat. Dies ist eine Mischung aus Stärken und Schwächen sowie Erlebnissen und Erfahrungen aus der Kindheit.
Obwohl wir glauben, dass wir das Selbstbild selbst erschaffen, ist es im Grunde genommen ein Fremdbild, was wir von anderen übernommen haben.
Sobald wir auf die Welt kommen, passieren Dinge mit uns und um uns herum. Andere Menschen teilen uns Regeln mit, zeigen uns Verhaltensweisen und erklären uns, wie wir sind.
Besonders in den ersten sieben Lebensjahren werden wir stark von unserer Umgebung geformt. In dieser Zeit wird auch das Fundament des Selbstbildes gelegt. Schließlich sind wir in diesem Alter noch gar nicht fähig eine eigene Meinung zu bilden.
Wir saugen wie ein Schwamm alles auf, was in unserer Umgebung passiert.
Du siehst, das Selbstbild ist gar nicht freiwillig gewählt, sonder es ist ein Fremdbild, das wir von anderen (Eltern, Familienmitglieder, Erzieher:innen, Gleichaltrige, Lehrer:innen, etc.) widerstandlos und „blind“ (also ohne Überprüfung auf Richtigkeit) aufgenommen haben.
Welchen Einfluss hat das Selbstbild auf die Ernährung?
Menschen handeln nach Bildern: Selbstbild, Fremdbild, Schönheitsbild, gesellschaftliches Menschenbild, Stereotyp der Geschlechterrollen, Sprachbilder (Metaphern), Zukunftsbild (Visionen, Ziele, Wünsche), etc.
Das eigene Bild von sich selbst „muss“ erfüllt werden. Es ist der Kompass, der uns durch das Leben navigiert.
Wenn ein Mensch der festen Überzeugung ist, dass er ein schlechter Esser ist, dann wird er/sie auch immer wieder Lebensmittel essen, die ihm/ihr nicht gut tun.
Ein Mensch, dem immer wieder gesagt worden ist, dass er/sie kein Gemüse isst, wird auch weiterhin kein Gemüse essen.
Genauso wird ein Mensch, dem immer wieder etwas über sein Körper gesagt worden ist, unbewusst versucht dieses Körperbild aufrecht zu erhalten.
Das bedeutet, Deine Ernährung wird auch vom Selbstbild gesteuert.
Daher funktionieren viele Diäten nicht. Sie kollidieren oft mit dem eigenen Selbstbild.
Wie ein Selbstbild entsteht?
Vielleicht kennst Du folgende Situation: ein Kind hat in der Vergangenheit bestimmte Gemüsesorten abgelehnt. Dadurch sagt dessen Elternteil immer wieder, dass das Kind kein Gemüse esse. Für den Erwachsenen ist es oft nur eine Information, beispielsweise:
- möchte das Elternteil andere Erwachsene darüber informieren, was das Kind isst und was nicht, um beispielsweise bei Geburtstagsfeiern das passende Essen anbieten zu können.
- ist das Elternteil selbst ratlos, wie das Kind mehr Gemüse essen könnte und hat mit der Aussage einen Hinweis von einem anderen Elternteil erhofft.
- gab es die letzten Abende jedes Mal eine Diskussion über das Abendessen und nun ist das Elternteil vielleicht selbst genervt von der Situation.
- macht sich das Elternteil Sorgen, dass das Kind zu wenig Vitamine bekommt.
Beim Kind kommt oft jedoch nur folgendes an: „Ich esse kein Gemüse“. Es ist wie ein Art „Verhaltensgesetz“, das nun befolgt werden muss, wie „Über rote Ampeln geht man nicht!“.
Ich habe dieses Beispiel gewählt, weil es mir oft in der Ernährungsberatung begegnet.
Die Verhaltensregeln, die wir als Kind abgespeichert haben, werden auch oft noch im Erwachsenenalter eingehalten.
So begegnet mir oft bei Erwachsenen die Aussage: „Ich habe noch nie gern Gemüse gegessen. Schon als Kind nicht. Das sagen meine Eltern heute noch.“
Wenn solch eine Aussage fest in einem Menschen drin ist, warum sollte er/sie dann überhaupt mit dem Gemüse essen anfangen?
Wie entsteht ein gestörtes Selbstbild?
Hand aufs Herz, wie oft hast Du schon erwachsene Menschen Sätze sagen hören, die nicht durchdacht waren? Mir begegnen immer wieder solche Menschen und solche Sätze.
Wir Erwachsene sagen oft Dinge, die bei anderen Menschen und insbesondere bei Kindern anders ankommen.
Genauso waren wir Erwachsene mal Kinder und haben ebenfalls solche Sätze von Erwachsenen „abbekommen“.
Es müssen noch nicht mal mit Absicht „böse Sätze“ gesagt worden sein. Wir haben alle einen vollen Alltag und die meisten Menschen, die uns begegnen sind auf irgendeiner Art ziemlich gestresst oder genervt.
Das ist die beste Grundlage, um missverständliche Sätze von sich zu geben.
Je öfter wir jedoch Aussagen über uns in der Kindheit gehört haben, desto fester haben sich diese Aussagen als Regeln in uns verankert.
Diese Aussagen müssen überhaupt nicht stimmen, schließlich sind sie nur eine Betrachtungsweise einer anderen Person auf Dich. Doch durch die Häufigkeit sind sie feste Regeln geworden nach denen wir handeln.
Dazu möchte ich Dir ein Beispiel geben:
Stell Dir vor, ein Elternteil isst sehr gerne Rosenkohl. Dieses Gemüse enthält viele Senföle und Bitterstoffe, wodurch es einige Kinder gibt, die ihn nicht mögen.
Er ist schlicht und einfach für einen Kindermund zu bitter. Zusätzlich vertragen manche Menschen keine Senföle und empfinden eine Art Ekel, wenn sie sie essen müssen.
Das Kind lehnt immer wieder den Rosenkohl ab. Da das Elternteil den Rosenkohl jedoch sehr gerne isst, kommt er sehr oft auf den Tisch.
Das Kind lehnt somit oft den Rosenkohl ab.
Wenn dann noch das Elternteil sagt: „Du isst ja nie Gemüse“ anstatt „So wie es aussieht, magst Du zur Zeit keinen Rosenkohl“, dann speichert sich das Kind ab „Ich esse nie Gemüse“.
Genau danach wird es nun solange handeln, bis diese Regel wieder aufgehoben wird.
Diese innerlich abgespeicherte Regel kann jedoch nur geändert werden, wenn diese Regel bewusst gemacht wird und das dauert meistens bis ins Erwachsenenalter an.
Das Selbstbild kann verändert werden
Als Kind hast Du sicherlich die Regel gelernt: „Wenn Du über die Straße gehst, musst Du nach links, nach rechts und wieder nach links schauen.“
Die meisten Erwachsenen wenden diese Regeln noch immer an – jedoch unbewusst. Sie achten nicht mehr darauf, sondern handeln innerhalb einiger Millisekunden danach.
Manche haben sie sogar so oft befolgt, dass sie schon unbewusst von weitem schauen, wie die Straßenverhältnisse sind. Die Regel ist immer noch aktiv auch wenn sie so unbewusst abläuft, dass sie kaum bis gar nicht wahrgenommen wird.
Als ich für eine Weile nach England ging, hatte ich diese Regel aufgrund des dortigen Linksverkehrs schnell abändern müssen.
Warum schreibe ich Dir hier so etwas?
Weil ich Dir zeigen möchte, das jede innerer Regel geändert werden kann.
Das heißt, selbst wenn Dir als Kind die Regel eingetrichtert wurde, dass Du beispielsweise kein Gemüse isst, kannst Du dies umschreiben und schrittweise viele unterschiedliche Gemüsesorten ganz neu für Dich entdecken.
Das Selbstbild schrittweise ändern
In der Ernährungsberatung und –begleitung hat sich folgendes Vorgehen bewährt, um das Selbstbild ändern zu können:
Erkundung des Selbstbildes:
Welche Sätze erzählst DU denn immer wieder anderen über Dich selbst?
Ist es so etwas wie: „Ich brauche meine Schokolade.“, „Als ob ich jemals kochen würde!“, „Das habe ich noch nie gegessen!“.
Solche Sätze sind Hinweise auf Regeln, die Du wahrscheinlich von anderen übernommen hast, ohne sie jemals zu überprüfen.
Sammel diese Sätze.
Du musst in dieser Phase noch gar nichts mit ihnen machen. Einfach nur sammeln.
Hinterfragen von Regeln:
Wenn Du ein paar dieser Sätze gesammelt hast, kannst Du sie Dir in Ruhe anschauen.
Woher könnten sie kommen? Möchtest Du sie noch behalten? Möchtest Du weiterhin von Dir so denken? Hast Du vielleicht Lust diesen Satz etwas abzuändern?
Regeln langsam ändern:
Nimm Dir dafür bitte Zeit. Die jetzigen Regeln hast Du vermutlich auch über Jahre und Jahrzehnt eingeübt.
Wenn Du beispielsweise den Satz „Ich esse kein Gemüse.“ ändern möchtest, dann schnapp Dir drei Zettel und schreibe auf einem alle Gemüsesorten auf, die Du wirklich nicht essen möchtest, auf den zweiten die Du mal anders ausprobieren möchtest und auf dem dritten die Du schon jetzt isst.
Nach und nach kannst Du die Gemüsesorten aus der Ausprobierenliste kosten und vielleicht kommt das eine oder andere auf die Esse-ich-Liste 😉
Geh dabei gern spielerisch vor.
Such Dir Rezepte aus, die einfach sind und die Du mit Deinen bestehenden Küchenutensilien machen kannst. Halte es einfach 😉
Wichtig:
Du wirst vermutlich schon gemerkt haben, dass ich hier nicht aufgeschrieben habe „Frage andere, was sie von Dir halten.“
Denn genau die Meinung der anderen hat ja dazu geführt, dass Du dieses jetzige Selbstbild von Dir hast.
Falls Du doch den Wunsch hast mit einer anderen Person darüber zu reden, dann wähle bitte Dir wohlgesonnene Menschen aus (keine Nöselbacken) oder buche ein Termin für das Erstgespräch (0€, 20 Min) bei mir.
Abschließende Worte – Fazit
In uns schwirren nicht nur ein erlerntes „Verhaltensgesetz“, sondern ganz viele. Die Kombination solcher „Verhaltensgesetze“ ergibt Dein Selbstbild.
Um Dein Selbstbild besser verstehen zu können, beobachte Dich selbst und sammle die Sätze, die Du über Dich selbst sagst oder denkst. Anschließend kannst Du sie ändern.
Innere Regeln bestimmen unser Verhalten und unser Verhalten hat Auswirkungen auf unsere Ernährung.
Ein neues Selbstbild mit selbstbestimmten Verhaltensregeln kann Dir dabei helfen Deine Wohlfühl-Ernährung zu erreichen.
Pass auf Dich auf.
Herzliche Grüße